Deutsches Standardwerk zum Portwein

Vintage Port & "Portwein" von Axel Probst

„Portwein“ von Axel Probst ist eine weinpädagogische Herkulesarbeit. Das Buch ist Fachbibel sowie spannender Lesestoff zugleich und wirbt nachdrücklich um unsere Gunst für Portwein.

Es ist eine Mär, dass sinnlicher Genuss ganz ohne Verstand auskommt. Ganz im Gegenteil: Manche Genüsse erschließen sich erst vollkommen, wenn das Wissen über Herstellung und Reife, über Stilistik und Herkunft sowie nicht zuletzt die richtige Handhabung des Genussprodukts hinzutritt. Selbst das Genießen hat halt seinen Anspruch.

So zeichnet sich so mancher Weinliebhaber nicht nur durch seine trinkfreudige Passion für die guten Weißen und Roten aus. Ihm haftet auch eine gewisse streberhafte „Nerdigkeit“ an, die sich auf das abgelegenste Detail des Weins kaprizieren kann. Solche Attitüde wirkt nicht immer sympathisch, ist aber mehr als angemessen, wenn es um das höhere Weinvergnügen geht.
 

Die Portwein Fachbibel

Diesen Spagat zwischen notwendiger Besserwisserei und reinem sensorischen Genuss muss ein Buch über Portwein in artistischem Maße leisten. In Deutschland kann es für diese weinpädagogische Herkulesaufgabe nur einen geben: Axel Probst.

Der Mann, der über britische Militärflieger-Kollegen zu den verstärkten Weinen vom Douro fand, ist immerhin Mitglied der Portweinbruderschaft und seit sieben Jahren offizieller Botschafter des Portweininstituts für den deutschen Markt. Nun hat Axel Probst seine schlichtweg „Portwein“ genannte Fachbibel vorgelegt. Jahrelange Arbeit und noch viel mehr Erfahrung stecken in dem Buch, das aber keinesfalls mit fachspezifischem Jargon strapaziert, sondern recht aufgeräumt an die umfassende Aufklärungsarbeit in Sachen Portwein geht.

Bekanntlich war es nicht nur eine gelöste Aufgabe, die Herkules seinen Ruhm eingetragen hat. Ganz ähnlich muss sich auch ein Buch über Portwein mehreren Herausforderungen stellen, um Geltung zu erlangen. Die verschiedenen Stile der Ruby und Tawny Ports sind zu erklären, die Lanze für verstärkte Weine überhaupt zu brechen, der handelsgeschichtliche Kontext aufzuarbeiten, die einmaligen Regularien samt Gremien zu erläutern. Damit nicht genug bedarf es auch eines Einkaufsführers und konkreter Verkostungsnotizen, um Interessierte auf den rechten Portwein-Pfad zu führen.

Lesend lernen wie man will

All das will „Portwein“  leisten und tatsächlich verhebt sich Autor Axel Probst nicht an der Aufgabe. Dies gelingt ihm durch den richtigen Aufbau des Buches und vor allem durch unterschiedliche Themenstränge, die einen eigenständigen Umgang mit dem Buch ermöglichen. Da sind die berichtenden Passagen, denen es um den großen Zusammenhang geht und die zunächst ein Gesamtbild des Portweins, seiner Herkunft und Herstellung entwerfen. Dazwischen finden sich Texte, die eine „Vertiefung“ ausgewählter Themen anbieten: unter anderem zu den Rebsorten des Portweins, zum traditionellen Zertreten der Trauben im Lagar genannten Becken, zur Verwandtschaft mit Sherry und Madeira, zu den Rotweinen vom Douro.

Auf diese Art wird Probst der Komplexität des Themas gerecht, ohne Langeweile aufkommen zu lassen. Vielmehr ist es möglich, einzelne Vertiefungen auszulassen und für die „Nachlese“ aufzubewahren. Andere Inhalte sind dagegen direkt als Nachschlagewissen konzipiert. Das betrifft beispielsweise die Übersicht der bekannten Erzeuger inklusive der Verkostungsnotizen von Probst zu den verfügbaren Qualitäten, das Glossar der wichtigsten Begriffe, aber auch eine Übersicht der Portwein-Jahrgänge von 1900 bis 2015.
 

Keine Ausreden mehr: trinkt mehr Portwein!

An einer frühen Stelle des Buches bekennt Axel Probst: „Was sich kompliziert anhört, ist es leider auch.“ Aber die Behutsamkeit und geduldige Beflissenheit, mit denen er das umfassende Sujet einfängt, dürfte allen, die Portwein interessiert oder schon fasziniert, gefallen. Und das ist durchaus praktisch zu verstehen. So fordert Probst zu Beginn dazu auf, einen LBV aufzumachen und zur Unterstützung der Lektüre zu genießen. Im Kapitel 3 darf man sich dann schon mit des Autors Segen an einen zehn- oder 20-jährigen Port wagen. Gefälliger geht doch nicht.

Bei all der Sorgfalt und Übersichtlichkeit von „Portwein“ ärgert es mitunter, dass beim Lektorat nachlässig verfahren wurde. Kein Grund jedoch, von einer uneingeschränkten Empfehlung des Buches abzusehen. Ab jetzt, gibt es keine Ausreden mehr: trinkt mehr Portwein!

Axel Probst: Portwein
Verlag Mondo Heidelberg, 2017
ISBN: 9783938839270

 

Auch zu empfehlen: Das Interview mit Axel Probst über Portwein, deutsche Gewohnheiten und die große Faszniation für die Ruby und Tawny Ports im Connaisseur Consumer Blog.

 

Michael Stolzke/Auf ein Glas